Verfahrensdokumentation im E‑Commerce: GoBD-konforme Buchführung umsetzen

Die Verfahrensdokumentation ist für alle E‑Commerce-Unternehmen mit digitaler Buchführung verpflichtend. Sie dokumentiert lückenlos alle buchführungsrelevanten Prozesse - von der Belegerfassung über Marktplätze und Zahlungsdienstleister bis zur DATEV-Integration. Wir zeigen, wie Sie eine GoBD-konforme Verfahrensdokumentation erstellen und durch Automatisierung erheblich vereinfachen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Verfahrensdokumentation ist Pflicht: Alle E‑Commerce-Unternehmen mit digitaler Buchführung müssen ihre Prozesse lückenlos dokumentieren
  • GoBD-Konformität sicherstellen: Die Verfahrensdokumentation gewährleistet Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit für Betriebsprüfungen
  • E‑Commerce-Spezifika beachten: Marktplätze, Zahlungsdienstleister und Multi-Channel-Vertrieb erfordern besondere Dokumentation
  • Automatisierung nutzen: DATEV-Schnittstellen und moderne Tools reduzieren den Dokumentationsaufwand erheblich
  • Risiken vermeiden: Ohne ordnungsgemäße Verfahrensdokumentation drohen Zuschätzungen und erhöhte Prüfungsintensität

Was ist eine Verfahrensdokumentation?

Die Verfahrensdokumentation ist das zentrale Instrument zur Erfüllung der GoBD-Anforderungen in der digitalen Buchführung. Sie beschreibt systematisch und nachvollziehbar alle buchführungsrelevanten Prozesse eines Unternehmens - von der Belegerfassung über die Verarbeitung bis zur revisionssicheren Archivierung.

Für E‑Commerce-Unternehmen geht die Verfahrensdokumentation weit über klassische Buchführungsprozesse hinaus. Die komplexe Systemlandschaft aus Shop-Systemen, Marktplätzen, Zahlungsdienstleistern und Fulfillment-Partnern macht eine detaillierte Dokumentation der digitalen Prozesse und Schnittstellen unverzichtbar. Ein sachverständiger Dritter - typischerweise der Betriebsprüfer - muss anhand der Verfahrensdokumentation in angemessener Zeit nachvollziehen können, wie Geschäftsvorfälle von der Entstehung bis zur Archivierung verarbeitet werden.

Die Verfahrensdokumentation grenzt sich dabei klar vom internen Kontrollsystem (IKS) und reinen Prozesshandbüchern ab. Während das IKS die Wirksamkeit der Kontrollen sicherstellt und Prozesshandbücher operative Abläufe beschreiben, fokussiert sich die Verfahrensdokumentation auf die buchhalterische Nachvollziehbarkeit und die Erfüllung steuerrechtlicher Anforderungen. Sie bildet das Bindeglied zwischen technischen Systemen und steuerlicher Compliance.

Pflicht zur Verfahrensdokumentation: Für wen gilt sie?

Die Pflicht zur Verfahrensdokumentation betrifft ausnahmslos alle Unternehmen, die ihre Buchführung ganz oder teilweise digital führen. Im E‑Commerce ist dies faktisch immer der Fall - schließlich werden Bestellungen elektronisch erfasst, Zahlungen digital abgewickelt und Belege in elektronischer Form erstellt und archiviert.

Die rechtliche Grundlage bilden die GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff), die vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) herausgegeben werden. Diese schreiben vor, dass die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung jederzeit gewährleistet sein muss.

Besonders kritisch wird es bei E‑Commerce-Unternehmen, die:

  • Digitale Belege und E-Rechnungen verarbeiten
  • Über mehrere Vertriebskanäle (Omnichannel) verkaufen
  • Mit internationalen Marktplätzen und Zahlungsdienstleistern arbeiten
  • Automatisierte Buchführungsprozesse nutzen

Die Konsequenzen bei fehlender oder lückenhafter Verfahrensdokumentation sind erheblich. Die Finanzverwaltung kann die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung anzweifeln, was zu Zuschätzungen, erhöhter Prüfungsintensität und im schlimmsten Fall zur Verwerfung der Buchführung führen kann. Zudem ist eine kontinuierliche Versionierung und Änderungsdokumentation verpflichtend - jede Anpassung an Systemen oder Prozessen muss nachvollziehbar dokumentiert werden.

Aufbau und Inhalte: Verfahrensdokumentation in der Buchhaltung

Eine vollständige Verfahrensdokumentation für die Buchhaltung gliedert sich in vier Kernbausteine, die systematisch aufeinander aufbauen:

1. Allgemeine Beschreibung

Die allgemeine Beschreibung liefert den Überblick über die Organisation und die grundlegenden Prozesse. Hier werden die Unternehmensstruktur, die wichtigsten Geschäftsprozesse und die organisatorischen Rahmenbedingungen dargestellt. Für E‑Commerce-Unternehmen gehören dazu insbesondere die Vertriebskanäle, die Produktkategorien und die geografischen Märkte.

2. Anwenderdokumentation

Die Anwenderdokumentation beschreibt, wie die eingesetzten Systeme bedient werden und welche Rollen und Rechte existieren. Im E‑Commerce-Kontext umfasst dies die Dokumentation der Shop-Backends, Marktplatz-Seller-Accounts, Payment-Dashboards und Buchhaltungssoftware. Besonders wichtig sind hier die Berechtigungskonzepte und die Dokumentation der Verantwortlichkeiten.

3. Technische Systemdokumentation

Hier werden alle technischen Systeme, ihre Versionen und Schnittstellen detailliert beschrieben. Die Schnittstellenübersicht mit allen Datentransfers ist für E‑Commerce-Unternehmen besonders kritisch. DATEV-Exportformate, API-Verbindungen zu Marktplätzen und die Integration von Zahlungsdienstleistern müssen lückenlos dokumentiert werden.

4. Betriebsdokumentation

Die Betriebsdokumentation umfasst die laufenden Prozesse und Kontrollen. Dazu gehören Änderungs- und Freigabeprozesse, die Sicherstellung der Unveränderbarkeit durch Protokolle und Hash-Verfahren sowie die kontinuierliche Überwachung der Systeme. Die Dokumentation der Belegablage, Aufbewahrungsfristen und Zugriffsrechte rundet diesen Bereich ab.

E‑Commerce-Spezifika: Prozesse, Systeme und Risiken

Die Systemlandschaft im E‑Commerce ist komplex und vielschichtig. Eine typische Infrastruktur umfasst:

Systemlandschaft

Shop-Systeme und Marktplätze: Von Shopify über WooCommerce bis zu Amazon, eBay und Otto - jede Plattform hat eigene Prozesse und Datenformate. Die Verfahrensdokumentation muss jeden Kanal einzeln erfassen und die spezifischen Besonderheiten dokumentieren.

Zahlungsdienstleister: PayPal, Stripe, Klarna, Mollie und andere PSPs (Payment Service Provider) wickeln die Zahlungen ab. Die Dokumentation muss Payout-Prozesse, Fee-Strukturen und Reconciliation-Verfahren detailliert beschreiben.

Warenwirtschaft und ERP: Die Integration von WaWi-Systemen und ERP-Lösungen in die Buchführung erfordert eine präzise Dokumentation der Datenflüsse und Schnittstellen.

Fulfillment und Logistik: Bei der Zusammenarbeit mit 3PL-Dienstleistern (Third Party Logistics) und Fulfillment-Centern müssen die Prozesse der Bestandsführung und Versandabwicklung dokumentiert werden.

Prozessbesonderheiten

Retouren und Gutschriften: Die Abwicklung von Rücksendungen und die korrekte Verbuchung von Gutschriften müssen eindeutig dokumentiert sein.

Payout- und Fee-Abstimmungen: Die Reconciliation zwischen Bruttoeinnahmen, Gebühren und Netto-Auszahlungen ist ein kritischer Prozess, der detailliert beschrieben werden muss.

Internationale Steuerschlüssel: OSS (One-Stop-Shop) und IOSS (Import-One-Stop-Shop) Verfahren für grenzüberschreitende Verkäufe erfordern spezielle Dokumentation der Steuerschlüssel-Zuordnung.

Kassenführung mit TSE: Bei Verkäufen über POS-Systeme muss die Integration der Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) dokumentiert werden.

Die Anforderungen an die technische Dokumentation umfassen Schnittstellenprotokolle, umfassende Protokollierung aller Transaktionen und die Gewährleistung einer revisionssicheren Archivierung aller Belege und Daten.

Beispiel für eine Verfahrensdokumentation

Die Verfahrensdokumentation ist für jeden Händler unterschiedlich und abhängig von den verwendeten Shop-Systemen, Marktplätzen und Zahlungsanbietern. Hinzu kommen weitere Vorgänge, z. B. bei der Verarbeitung von Eingangsrechnungen oder in der Lohnbuchhaltung, die zwar keinen direkten E-Commerce-Bezug haben, aber dennoch abgebildet werden müssen.

Die Bundessteuerberaterkammer hat eine Muster-Verfahrensdokumentation zum Thema „Ersetzendes Scannen“ erstellt, aus der Aufbau und Detailgrad einer Verfahrensdokumentation gut ersichtlich werden.

Nachweise und Artefakte

Die Verfahrensdokumentation enthält folgende Nachweise:

  • Prozessdiagramme für alle Hauptprozesse
  • Systemübersicht mit allen Schnittstellen
  • Beispiel-Logs und DATEV-Exporte
  • Payout-Reports der Zahlungsdienstleister
  • Dokumentation der Retouren- und Gutschriftenprozesse
  • Screenshots relevanter Schnittstellenjobs

Dokumentierte Datenpunkte

Für jeden Geschäftsvorfall werden folgende Daten erfasst und dokumentiert:

  • Belegnummern und Order-IDs
  • PSP-Transaktions-IDs
  • Gebührenaufschlüsselung
  • Steuerschlüssel (insbesondere OSS/IOSS)
  • Zeitstempel aller Verarbeitungsschritte

Checkliste für die Verfahrensdokumentation

Eine systematische Herangehensweise erleichtert die Erstellung und Pflege der Verfahrensdokumentation:

Vorbereitung und Scoping

  • Verantwortliche für die Verfahrensdokumentation benennen
  • Scope definieren: Welche Systeme und Prozesse sind betroffen?
  • Ist-Prozesse aufnehmen und dokumentieren
  • Bestehende Dokumentationen sammeln und sichten

Strukturierung und Erstellung

  • Gliederung in die vier Kernbausteine vornehmen
  • Systemlandschaft vollständig erfassen
  • Schnittstellen und Datenflüsse dokumentieren
  • DATEV-Exporte und Kontierungsregeln beschreiben
  • Nachweise und Beispiele einbinden

Implementierung und Schulung

  • Freigabe durch Geschäftsführung einholen
  • Mitarbeiter in den dokumentierten Prozessen schulen
  • Zugriffsrechte und Verantwortlichkeiten festlegen
  • Kontrollmechanismen implementieren

Wartung und Aktualisierung

  • Versionierung und Change-Log einführen
  • Review-Zyklen definieren (mindestens jährlich)
  • Fristenmatrix für Archivierung erstellen
  • Änderungen zeitnah dokumentieren

Automatisierung der Verfahrensdokumentation mit DATEV-Schnittstellen

Moderne Lösungen wie EasyPliant reduzieren den manuellen Aufwand erheblich und erhöhen gleichzeitig die Qualität der Dokumentation. Die Anbindung an die Quellsysteme (Online-Shops, Marktplätze, Zahlungsanbieter), die Kontierungsregeln und -logiken sowie Steuerlogiken und Mapping-Regeln für Konten und Steuerschlüssel liegen bereits in revisionssicherer digitaler Form vor.

Wir stellen für unsere Schnittstellen eine automatisierte Verfahrensdokumentation zur Verfügung, die auf den einzelnen Mandanten zugeschnitten ist. Diese kann dann als Teil in die eigene Dokumentation (i. d. R. erstellt durch die Steuerkanzlei) aufgenommen werden. Da EasyPliant die wesentlichen Umsatzsteuer- und Finanzbuchhaltungsprozesse abbildet, wird damit der überwiegende Großteil der Verfahrensdokumentation automatisiert. Was bleibt, sind unternehmens­spezifische interne Prozesse, die ggf. zu dokumentieren sind.

Fazit: Verfahrensdokumentation als Hebel für Ordnung, Sicherheit und Effizienz

Die Verfahrensdokumentation ist weit mehr als eine lästige Pflicht - richtig umgesetzt wird sie zum strategischen Instrument für E‑Commerce-Unternehmen.

Nutzen für Unternehmen

Eine professionelle Verfahrensdokumentation schafft Rechtssicherheit gegenüber der Finanzverwaltung und reduziert das Risiko von Zuschätzungen erheblich. Bei Betriebsprüfungen verkürzt sie die Prüfungsdauer signifikant, da alle Prozesse transparent und nachvollziehbar dokumentiert sind.

Die systematische Dokumentation führt zu skalierbaren Prozessen. Neue Mitarbeiter können schneller eingearbeitet werden, und das Unternehmen wird unabhängiger von Einzelpersonen. Gleichzeitig werden Schwachstellen in den Abläufen sichtbar und können optimiert werden.

Empfehlung für die Umsetzung

Beginnen Sie mit der Analyse der bestehenden Verfahrensdokumentation. Sollte diese nicht existieren, lohnt ein Blick auf vorhandene Beispiel-Dokumentation, z. B. zum Thema „ersetzendes Scannen“. Dies schafft ein Grundverständnis für den Aufbau und den erforderlichen Detaillierungsgrad.

Nutzen Sie die Chancen der Automatisierung. Moderne DATEV-Schnittstellen wie die von EasyPliant reduzieren nicht nur den Dokumentationsaufwand, sondern verbessern auch die Datenqualität und Prozesssicherheit erheblich. Die automatische Protokollierung und Versionierung erfüllt die GoBD-Anforderungen quasi nebenbei.

Ihr nächster Schritt

Starten Sie jetzt mit der Professionalisierung Ihrer Verfahrensdokumentation. Mit EasyPliant erhalten Sie nicht nur eine leistungsstarke Automatisierungslösung für Ihre E‑Commerce-Buchhaltung, sondern auch eine GoBD-konforme Verfahrensdokumentation, die kontinuierlich aktualisiert wird.

Vereinbaren Sie eine Demo und erfahren Sie, wie unsere automatisierten DATEV-Schnittstellen Ihre Buchführung revolutionieren und gleichzeitig alle Anforderungen an die Verfahrensdokumentation erfüllen. Unsere Experten zeigen Ihnen, wie Sie mit minimalem Aufwand maximale Sicherheit erreichen - für eine Buchhaltung, die Betriebsprüfungen gelassen entgegensieht.

Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 13. Oktober 2025. Alle Angaben zu gesetzlichen Regelungen entsprechen dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und stellen keine steuerliche Beratung dar. Für verbindliche Auskünfte konsultieren Sie bitte Ihren Steuerberater.

Valentin Gavilan

Valentin Gavilan

Tax Specialist E-Commerce / Online-Händler

Steuerfachangestellter, Fachassistent für Digitalisierung und zertifizierter „Tax Specialist E-Commerce“. Beschäftigte sich schon in seiner Ausbildung primär mit dem Thema Onlinehandel, als das noch Stirnrunzeln auslöste.

Häufige Fragen zur Verfahrensdokumentation im E‑Commerce (FAQ)

Die wichtigsten Antworten rund um die Verfahrensdokumentation und deren Umsetzung in der E‑Commerce-Buchführung.