Einbehalte im E‑Commerce richtig buchen: Ein Leitfaden für Händler und Steuerberater

Valentin Gavilan
Valentin Gavilan am 01. September 2025

Einbehalte durch Zahlungsdienstleister oder Marktplätze stellen E‑Commerce-Händler und Steuerberater vor besondere Herausforderungen. Wir erklären, wie Sie Einbehalte korrekt in DATEV verbuchen und welche Vorteile eine Automatisierung dieser Prozesse bietet.

PayPal Einbehalte richtig verbuchen - EasyPliant Buchhaltungsautomatisierung

Das Wichtigste in Kürze

  • Einbehalte ≠ Gebühren: Einbehaltene Beträge sind Forderungen gegenüber dem Zahlungsdienstleister bzw. Marktplatz
  • Zwei Arten: Transaktionsbezogene Einbehalte (Konflikte) und kontobezogene Reserves (Sicherheitsrücklage)
  • Separate Kontenführung: Einbehalte gehören nicht auf den Sammeldebitor, sondern auf ein eigenes Konto
  • Zeitliche Komponente: Buchungsvorgänge ändern sich je nach Ausgang (Freigabe vs. Erstattung)

Warum die korrekte Verbuchung von Einbehalten im E‑Commerce entscheidend ist

E‑Commerce-Händler kennen die Situation: PayPal, Stripe oder andere Zahlungsdienstleister und Marktplätze behalten Teile des Umsatzes ein – sei es wegen eines Käuferschutzfalls, einer zurückgezogenen Lastschrift oder als allgemeine Sicherheitsreserve. Diese Holdbacks oder Reserve genannten Einbehalte stellen Buchhaltung und Steuerberater regelmäßig vor Herausforderungen.

Fehlerhafte Buchungen von Einbehalten führen nicht nur zu einer verzerrten Liquiditätsdarstellung, sondern können auch steuerliche Konsequenzen haben. Eine saubere Trennung zwischen Forderungen und tatsächlichen Zahlungseingängen ist essentiell für die GoBD-konforme Buchführung.

Die Konsequenzen falscher Buchungen

  • Liquiditätsprobleme: Falsche Darstellung der verfügbaren Mittel
  • Steuerliche Risiken: Fehlerhafte Umsatzsteuervoranmeldungen
  • Compliance-Verstöße: Verstoß gegen GoBD-Richtlinien
  • Betriebswirtschaftliche Fehlentscheidungen: Verzerrte Kennzahlen

Die zwei Arten von Einbehalten im E‑Commerce verstehen

Grundsätzlich ist zwischen transaktionsbezogenen und kontobezogenen Einbehalten zu unterscheiden, da ihnen unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen.

Beiden gemein ist, dass sie eine andere Buchungslogik erfordern als Zahlungsgebühren. Einbehaltene Beträge sind Forderungen gegenüber dem Zahlungsdienstleister bzw. Marktplatz. Deshalb sind sie auf ein gesondertes Konto für Einbehalte zu buchen.

1. Transaktionsbezogene Einbehalte

Diese Vorfälle entstehen im direkten Zusammenhang mit einzelnen Verkaufstransaktionen. Deshalb entspricht der Betrag in der Regel der ursprünglichen Transaktionssumme.

Typische Auslöser:

  • Käuferschutzfälle (PayPal, eBay, Stripe)
  • Chargebacks bei Kreditkartenzahlungen
  • Zurückgewiesene Lastschriften
  • Verdacht auf Betrug
  • Unverifizierte Kundendaten

Transaktionsbezogene Einbehalte gehen i. d. R. mit einem Streitfall einher, für den die Plattformen einen vorgegebenen Prozess definiert haben. Bei diesem kann der Händler Widerspruch einlegen und seine Position darlegen. Der Betrag wird komplett oder teilweise einbehalten, bis der Fall zugunsten des Käufers oder Händlers entschieden wurde. Solche Einbehalte sind keine OPOS-Buchungen und dürfen nicht auf den Sammeldebitor gebucht werden wie eine Erstattung.

Wenn der Fall zugunsten des Händlers entschieden wird, erfolgt eine Freigabe des Betrags, d. h. der Betrag wird vom Einbehaltskonto gebucht und steht zur Auszahlung zur Verfügung. Wird der Fall zugunsten des Käufers entschieden, muss eine Erstattung einschließlich korrekter Storno-Rechnung angelegt werden (je nach Plattform geschieht dies ganz oder teilweise automatisch). Die Erstattung ist dann wieder als reguläre OPOS-Buchung zu behandeln.

Zusammengefasst: Einbehalte sind keine OPOS-Buchungen und dürfen deshalb nicht auf den Sammeldebitor gebucht werden. Es handelt sich um Forderungen gegenüber der Plattform, die auf ein separates Konto für Einbehalte zu buchen sind.

Buchungslogik bei transaktionsbezogenen Einbehalten:

1. Initialvorgang (Verkauf):

KontoSollHaben
Forderungen aus L&L59,50 EUR-
Umsatzerlöse-50,00 EUR
Umsatzsteuer 19%-9,50 EUR

2. Einbehalt wegen Streitfall:

KontoSollHaben
Bankkonto-59,50 EUR
Einbehalte59,50 EUR-

3. Freigabe:

KontoSollHaben
Bankkonto 59,50 EUR-
Einbehalte (Aufhebung)-59,50 EUR

4. Rückerstattung (wenn Fall zugunsten des Kunden entschieden wird):

KontoSollHaben
Bankkonto -59,50 EUR
Umsatzerlöse50,00 EUR-
Umsatzsteuer 19%9,50 EUR-

2. Kontobezogene Einbehalte (Account Reserves)

Einbehalte auf Kontoebene betreffen keine einzelne Transaktion. Es liegt deshalb i. d. R. kein Konflikt oder Streitfall als Anlass zugrunde. Vielmehr betreffen diese Einbehalte das gesamte Händlerkonto und dienen als Sicherheitspuffer:

Charakteristika:

  • Prozentuale Rücklage vom Gesamtumsatz
  • Rollierender Zeitraum (z.B. 90 Tage)
  • Nicht transaktionsspezifisch
  • Präventive Maßnahme des Zahlungsdienstleisters

Manche Plattformen bilden grundsätzlich eine Reserve, während andere Plattformen solche Einbehalte anlassbezogen bilden. Gründe hierfür können ein ungewöhnliches Bestellvolumen oder eine erhöhte Zahl an Rückerstattungen sein.

Beispiele aus der Praxis:

  • Stripe: Rolling Reserve bei neuen Accounts
  • PayPal: Reserve bei erhöhtem Risikoprofil
  • Klarna: Dynamische Reserve basierend auf Retourenquote
  • Mollie: Rolling Reserve

Konto-Reserve verringern oder entfernen:

Je nach Plattform kann der Händler anlassbezogene Einbehalte in Form von Kontoreserven vermeiden oder zumindest reduzieren, indem er andere Formen von Sicherheitsleistungen zur Verfügung stellt:

  1. Verlängerte Auszahlungsfristen: Wenn sich das Payout-Intervall einstellen lässt, kann ein wöchentlicher oder 14-tägiger Auszahlungsrhythmus dabei helfen, Kontoreserven zu vermeiden.
  2. Mindestguthaben: Häufig lässt sich bei automatisierten Payouts ein fester Betrag einstellen, der auf dem Plattform-Konto verbleibt und nicht ausgezahlt wird. Bei Mollie lässt sich zum Beispiel ein festes Deposit einrichten, das entweder aus dem bereits zurückbehaltenen Rolling-Reserve-Betrag oder aus vorhandenem Guthaben entnommen wird und nicht ausgezahlt wird.

Schritt-für-Schritt-Anleitung: Einbehalte korrekt buchen

Schritt 1: Kontenplan einrichten

Richten Sie Einbehalts-Konten für die genutzten Plattformen ein:

KontonummerKontenbezeichnungKontenart
1501Einbehalte PayPalSonstige Vermögensgegenstände
1502Einbehalte StripeSonstige Vermögensgegenstände
1503Einbehalte KlarnaSonstige Vermögensgegenstände
1504Einbehalte SonstigeSonstige Vermögensgegenstände

Schritt 2: Einbehalt dokumentieren

Sobald ein Einbehalt erfolgt:

  • Prüfen Sie die Mitteilung des Zahlungsdienstleisters
  • Dokumentieren Sie Grund und voraussichtliche Dauer
  • Buchen Sie den Einbehalt auf das entsprechende Konto

Schritt 3: Auflösung buchen

Je nach Ausgang des Falls:

Fall A: Freigabe zugunsten des Händlers

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto59,50 EUR-
Einbehalte PayPal-59,50 EUR

Der Händler erhält sein Geld, keine weitere Buchung nötig

Fall B: Erstattung an Käufer (Streitfall verloren)

Achten Sie darauf, dass für die Erstattung eine ordnungsgemäße Storno-Rechnung bzw. Gutschrift erstellt wird. Insbesondere bei Chargebacks, wie wir sie in diesem Artikel ausführlich für Mollie beschrieben haben, wird häufig vergessen, eine korrekte Storno-Rechnung zu erzeugen.

1. Gutschrift/Storno-Rechnung erstellen:

KontoSollHaben
Umsatzerlöse50,00 EUR-
Umsatzsteuer 19%9,50 EUR-
Forderungen aus L&L (Gutschrift)-59,50 EUR

2. Auflösung des Einbehalts:

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto59,50 EUR-
Einbehalte PayPal-59,50 EUR

Schritt 4: Regelmäßige Abstimmung

  • Monatlich: Abgleich aller offenen Einbehalte
  • Quartalsweise: Prüfung auf überfällige Freigaben
  • Jährlich: Bewertung für Jahresabschluss

Praxisbeispiel:
PayPal-Konfliktfall komplett durchbuchen

Spielen wir die Verbuchung von Einbehalten an einem konkreten Praxisbeispiel durch. Ein Online-Shop verkauft Elektronik für 59,50 EUR brutto. Der Kunde eröffnet Käuferschutzfall wegen angeblich nicht erhaltener Ware.

Tag 1: Verkauf und Zahlung

1. Rechnung erstellen:

KontoSollHaben
Forderungen aus L&L59,50 EUR-
Umsatzerlöse-50,00 EUR
USt 19%-9,50 EUR

2. Zahlungseingang PayPal:

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto59,50 EUR-
Forderungen aus L&L-59,50 EUR

Tag 5: Käuferschutzfall wird eröffnet

3. Einbehalt durch PayPal (keine OPOS-Buchung):

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto-59,50 EUR
Einbehalte PayPal59,50 EUR-

Szenario A: Fall wird zugunsten Händler entschieden

4a. Freigabe des Einbehalts:

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto59,50 EUR-
Einbehalte PayPal-59,50 EUR

Händler erhält sein Geld, Fall abgeschlossen

Szenario B: Fall wird zugunsten Käufer entschieden

4b. Freigabe des Einbehalts:

KontoSollHaben
PayPal-Bankkonto 59,50 EUR-
Einbehalte PayPal-59,50 EUR

5. Storno-Rechnung/Gutschrift erstellen:

KontoSollHaben
Umsatzerlöse50,00 EUR-
USt 19%9,50 EUR-
Forderungen aus L&L (Gutschrift)-59,50 EUR

6. Plattformabhängig: Gebühren für Streitfälle (Dispute Fee) buchen:

KontoSollHaben
Konfliktgebühren PayPal14,00 EUR-
PayPal-Bankkonto-14,00 EUR

Empfehlung: Automatisieren Sie den Prozess

Die manuelle Verbuchung von Einbehalten ist zeitaufwändig und fehleranfällig. Besonders die Unterscheidung zwischen verschiedenen Einbehaltstypen und die korrekte OPOS-Behandlung führen zu hohem Aufwand. Mit einer Automatisierungslösung wie z. B. EasyPliant sparen Sie über 98 % Ihrer Buchungszeit und vermeiden teure Fehler.

Ihre Vorteile:

Automatische Unterscheidung
zwischen Gebühren, Einbehalten und Dispute Fees.
Korrekte Buchung
der Einbehalte auf das Einbehaltskonto und nicht auf den Sammeldebitor.
Intelligentes Matching
von Freigaben und Erstattungen mit ursprünglichen Einbehalten.
Transparente Aufschlüsselung
aller Transaktionen auf Kontoebene.
GoBD-konforme Dokumentation
aller Vorgänge mit Transaktions-IDs und sauberer Verfahrensdokumentation.
DATEV-Export
mit korrekten Konten und Steuerschlüsseln - ohne Nachbearbeitung.
Multi-Channel-Support
für PayPal, Stripe, Klarna, eBay und weitere. Alle gängigen Marktplätze und Systeme werden unterstützt.
Schnellere Importe:
bei hohen Transaktionsvolumen im Vergleich zur DATEV-Integration.

Fazit

Die korrekte Verbuchung von Einbehalten im E-Commerce ist mehr als eine buchhalterische Pflichtübung – sie ist ein wesentlicher Baustein für:

  • Transparente Liquiditätssteuerung
  • GoBD-konforme Buchführung
  • Optimierte Steuerplanung
  • Fundierte Geschäftsentscheidungen

Mit dem richtigen Wissen, standardisierten Prozessen und moderner Software wie EasyPliant meistern Sie auch komplexe Einbehaltssituationen souverän.

Weiterführende Ressourcen

Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 01. September 2025. Alle Angaben zu gesetzlichen Regelungen entsprechen dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und stellen keine steuerliche Beratung dar. Für verbindliche Auskünfte konsultieren Sie bitte Ihren Steuerberater.

Valentin Gavilan

Valentin Gavilan

Tax Specialist E-Commerce / Online-Händler

Steuerfachangestellter, Fachassistent für Digitalisierung und zertifizierter „Tax Specialist E-Commerce“. Beschäftigte sich schon in seiner Ausbildung primär mit dem Thema Onlinehandel, als das noch Stirnrunzeln auslöste.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Die wichtigsten Antworten zu Einbehalten im E-Commerce und deren korrekter Verbuchung.